Kein Wort
Reden ist Silber, Passive Podcasts sind Gold
Podcast ist das Medium der unendlichen Gespräche. Doch zu jedem Trend entwickelt sich irgendwann auch ein Gegentrend. Was wäre eigentlich, wenn man die Gespräche einfach wegließe? Willkommen in der Welt der Passiven Podcasts.
Podcasts sind gleich aus mehreren Gründen ein derart beliebtes Medium geworden. Sie verbinden Menschen, schaffen Nähe und Intimität. Der Siegeszug der Podcasts ist auch gleichzeitig die Rückkehr des ungekürzten gesprochenen Wortes. Nun wird die Erfolgsgeschichte von einem parodistisch anmutenden Gegentrend flankiert - den Passiven Podcasts.
Was sind Passive Podcasts?
Reguläre Podcasts transportieren meist irgendeine Art von Informationen. Die Hosts kommunizieren mit ihren Zuhörern, sie sprechen mit ihnen. Nur seltenen Sonderfällen kommt es vor, dass nicht gesprochen wird. Morsepodcasts zählen beispielsweise in diese Sonderkategorie, wobei dort genau genommen auch gesprochen wird - nur eben in Morsecodes. Ginge es aber vielleicht noch eine Stufe passiver?
Passive Podcasts liegen irgendwo zwischen Feldforschung, Kunst, Dokumentation, ASMR und Meditationshilfe. Sie sind weder das eine, noch das andere, können jedoch Teile jeder dieser Gattungen enthalten. Es sind Podcasts, in denen das Geräusch im Vordergrund steht, nicht das Gespräch. Meist gibt es nicht mal ein Gespräch, höchstens kurze Sätze, die eher den Aufzeichnungsumständen als dem Zweck des Podcasts selbst geschuldet sind.
In einem vorsichtigen Versuch einer Definition begreifen wir Passive Podcasts als:
nonverbale Podcasts ohne wissenschaftlichen, gestalterischen, künstlerischen oder redaktionellen Hintergrund, in denen aufgezeichneten Geräusche, nicht aber die Sender-Empfänger-Beziehung, im Vordergrund stehen.
Dokumentation & Feldforschung
Ein Podcast, der eine ähnliche Richtung wie die Passiven Podcasts einschlägt, ist Klänge der Vulkaneifel | Dreese. Der Urheber, Dr. Tim Becker, zeichnet jeweils rund zehn Minuten lang den Klang eines Dreeses in der Vulkaneifel auf. Dreese, das sind kleine Sauerbrunnen, also sprudelnde Wasserquellen.
Die Faszination für die unterschiedlichen Klänge veranlassten Becker offenbar dazu jede einzelne der Quellen zu auditiv dokumentieren. Das Projekt unterliegt dem Institut Denkunternehmung Vulkaneifel.
ASMR-Podcasts
Egal ob Chips essen, Äste zerbrechen oder ins Mikrofon säuseln - Auch ASMR-Podcasts kommen den Passiven Podcasts recht nah. Der Unterschied ist, dass hierbei der Podcaster dennoch weiterhin mit im Mittelpunkt des Podcasts steht. Flüstern, Kratzen, Summen oder andere Körpergeräusche als Gestaltungselement genutzt, um beim Hörer eine bestimmte Wirkung, nämlich das berühmte Gänsehautgefühl. Hier ein Beispiel zum Seifenschnitzen.
Beispiele für Passive Podcasts
Während in ASMR-Podcasts Geräusche aktiv für Zuhörer erzeugt werden, ist die Sender-Empfänger-Distanz bei Passiven Podcasts sogar noch größer. Die Podcaster tun so als gäbe es keine Zuhörer und die Zuhörer erwidern dies.
The Walking Podcast
Als einer derjenigen, der den Trend "losgetreten" haben soll, gilt der amerikanische Journalist Jon Mooallem. In seinem "Walking Podcast" hört man ihn laufen - mehr nicht. Aktuell knapp 40 Episoden lang wandert der der Podcaster nun bereits durch die Wälder des amerikanischen Nordwestens und spricht dabei nahezu kein Wort.
Berlin City Walks
Als Hommage an den bekannten The Walking Podcast gibt es auch ein Berliner Pendant von Podcast Plattform. Berlin City Walks dokumentiert Radfahrten, Spaziergänge, und U-Bahnfahrten durch die Hauptstadt. Der Podcast ist für all diejenigen, die zumindest mit den Ohren nach Berlin reisen möchten, dabei aber dankend auf einen Stadtführer verzichten.
Gibt es noch weitere Passive Podcasts, die man dringend auf dem Radar haben sollte? Schreibt es uns gerne auf Instagram oder an redaktion@podcast.de.