Walled Garden
Warum Acast-Podcasts nicht auf YouTube erscheinen
Acasts Podcasts mit dynamischer Werbung gelangen nicht auf YouTube. Damit erweist das Unternehmen seinen Podcastern einen großen Dienst. Wie wird YouTube reagieren?
Obwohl YouTube eigentlich nur Videos und keine Podcasts bereitstellte, galt die Plattform schon seit Jahren als einer der größten Player am Podcast-Markt. Dementsprechend ließ YouTubes Ankündigung im Jahr 2023, es wolle zukünftig RSS-Feeds einbinden und somit zu einer vollwertigen Podcast-Plattform avancieren, die Podcast-Branche aufhorchen. Beobachter erwarteten, dass mehr unterschiedliche Plattformen auch für mehr Vielfalt am Markt sorgen würden - eigentlich eine gute Entwicklung.
Podcasts auf YouTube: Daten kommen rein, aber nicht raus
Diese Erwartung beruhte jedoch auf der Annahme, dass YouTube das offene Podcast-Ökosystem, unterstützen würde - und das scheint sich nun als ein Trugschluss herauszustellen. Wenngleich YouTube Podcaster mit riesigen potenziellen Reichweiten, verbesserter Auffindbarkeit und natürlich seiner Videofunktion lockt, scheint es einen deutlichen Wermutstropfen zu geben. Die Google-Tochter signalisiert zum aktuellen Zeitpunkt kein großes Interesse, das offene Podcast-Ökosystem zu stützen.
YouTubes Integration von RSS-Feeds orientiert sich an seiner regulären Videofunktion. Podcast-Episoden werden dem Feed entnommen, mit einem Standbild versehen und auf YouTube als Video bereitgestellt. Optional können Hörer sich auch auf YouTube Music, YouTubes Audiostreamingdienst, für die Audioversion des Podcasts entscheiden.
Gleich bleibt beiden Abrufmethoden allerdings, dass ab dem Zeitpunkt der RSS-Ingestion keine Daten mehr YouTubes Universum verlassen. Nutzungsdaten sind ausschließlich in YouTubes Backend abrufbar, sie werden nicht zurück an Hostingdienste gespielt, wie es eigentlich üblich (und sinnvoll) wäre.
YouTube orientiert sich damit am Konkurrenten Spotify, der diese Praxis bereits seit Jahren anwendet. Es sind wohl-dekorierte goldene Käfige, Walled Gardens mit hervorragenden Metriken, aber ohne Informationsdurchlässigkeit.
Für Podcaster und Produzenten kann es sehr hilfreich sein, neue Insights zu erhalten. YouTubes und Spotifys geschlossene Systeme bilden Daten wie Durchhörquote, Impressionen und präzise Zielgruppen ab. Doch für einen freien Datenaustausch und einen Rückfluss an die Hostingdienste stehen sie nicht bereit. Wer seine Abonnenten und Abrufe überblicken möchte, muss deshalb mühsam die Daten der einzelnen Dienste zusammensuchen und addieren.
Je mehr große Plattformen diese Praxis anwenden, desto segmentierter wird der Podcast-Markt. Dass es auch anders geht, beweist indes Apple Podcasts, das nicht nur hilfreiche Statistiken im eigenen Backend bereitstellt, sondern die Abrufdaten zum Abruf durch Hostingdienste freigibt. Parallel zur mangelhaften Datenfreigabe gibt es aber noch einen weiteren Haken.
Nicht mit Acast!
Spotifys und YouTubes AGB geben jeweils vor, dass hochgeladene Podcasts keine oder nur wenig eigene Werbung enthalten dürfen. Aus Sicht der Plattformen ist das eine sinnvolle Vorgabe, denn sie selbst möchten die Werbeschaltung kontrollieren. Podcaster und Produzenten stellt das jedoch vor große Probleme, wie unter anderem Podnews berichtete.
Der Podcast-Hoster und -Vermarkter Acast erklärt immer wieder, für ein freies und offenes Podcast-Ökosystem zu stehen. Laut Podnews lässt das Unternehmen in diesem Zusammenhang auch Taten sprechen. Zum aktuellen Zeitpunkt seien Acasts Feeds von YouTubes RSS-Integration ausgeschlossen. Das Unternehmen begründet den Schritt folgendermaßen:
"YouTube re-hostet Podcast-Episoden, die an ihre Plattform gesendet werden. Das bedeutet, dass Werbung aus Dynamischer Ad Inserstion (DAI), die die Einnahmen unserer Creators sicherstellen, in diesen Episoden nicht funktionieren wird. [...] YouTube verlangt, dass alle eingereichten Podcasts werbefrei sein müssen. Das kann Acast jedoch nicht sicherstellen [...]".Acast Support
Dass Acast hier einen Riegel vorschiebt, zeugt von Courage. Das Unternehmen dürfte gerade eine unangenehme Zeit haben, seinen Podcastern zu erklären, wieso sie auf YouTubes Reichweiten und Metriken verzichten sollen. Gleichzeitig ist es im ureigenen Interesse der Podcaster, dass ihr Vermarktungsdienst (in diesem Fall Acast) ihre Episoden nicht an eine Plattform (in diesem Fall YouTube) weitergibt, die die Werbefinanzierung unterbindet und durch eine eigene zu ersetzen versucht.
Direct Passthrough: Der Tunnel in YouTubes Walled Garden
Auf Spotify sind Acast-Shows übrigens regulär abrufbar, was auf den ersten Blick sonderbar erscheint, da Spotify und YouTube prinzipiell einen ähnlich restriktiven Ansatz verfolgen. Es gibt jedoch ein Mittel, die Werbepolicy der Plattformen auszuhebeln. Die Rede ist von sogenannten Passthroughs. Sie legen einen sinnbildlichen Tunnel vom Hostingdienst bis zum Hörer.
Durch diesen Tunnel gelangen dann Podcast-Episoden inklusive der vom Vermarkter und Podcaster legitimierten Werbung. Mit diesen Passthroughs können PodcasterPlattformen wie Spotify nutzen und dort Werbung ausspielen, obwohl es laut AGB eigentlich nicht gestattet wäre - ein Freifahrtschein, den große Plattformen denjenigen gewähren, die genug Gewicht haben und sich behaupten. Acast könnte so ein Schwergewicht sein und als gutes Beispiel vorangehen.
Wir arbeiten activ daran, mit YouTube Lösungen zu finden, die einen Passthrough für Content in der Zukunft möglich machen."Acast Support